15. September 2021
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Was passiert, wenn eine plötzliche Arbeitsunfähigkeit nach Kündigung eintritt?
Nach der Rechtsprechung ist es für den Arbeitgeber sehr schwer, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzuzweifeln. Ihr kommt ein hoher Beweiswert zu. Für eine bestimmte, gar nicht seltene Konstellation hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 08.09.2021 – 5 AZR 149/21) nunmehr diesen Beweiswert nicht gesehen.
Was war passiert?
Eine erst kurz beschäftigte Angestellte kündigte selbst ihr Arbeitsverhältnis am 08.02.2019 fristgemäß zum 22.02.2019. Zugleich legte sie eine auf den 08.02.2019 datierte Erstbescheinigung vor, die Arbeitsunfähigkeit genau bis zum 22.02.2019 bescheinigte.
Der Arbeitgeber zweifelte wegen der engen zeitlichen Abfolge und der passgenauen Daten von Kündigungsfrist und vorgelegter Bescheinigung an der Arbeitsunfähigkeit. Er leistete daher keine Entgeltfortzahlung. Sowohl Arbeitsgericht als auch Landesarbeitsgericht gaben der Zahlungsklage der Arbeitnehmerin statt und verurteilen den Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
In der Revision gewann allerdings der Arbeitgeber. Zwar genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- und Beweislast regelmäßig, wenn er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt. Diese genügt als Beweismittel, um den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den attestierten Zeitraum zu bescheinigen. Es ist Aufgabe des Arbeitgebers, diesen Beweiswert zu erschüttern.
Im vorliegenden Fall einer kompletten zeitlichen Übereinstimmung zwischen der Kündigung und dem Ende der Kündigungsfrist sowie dem Zeitraum der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit seien ernsthaften Zweifel begründet. Die Arbeitnehmerin hätte daher ihre Arbeitsunfähigkeit beweisen müssen, beispielsweise indem sie den behandelnden Arzt von der Schweigepflicht entbindet und als Zeugen benennt. Einer solchen Obliegenheit war die Arbeitnehmerin aber trotz Hinweis des Gerichts nicht hinreichend konkret nachgekommen. Ihre Klage wurde daher vom Bundesarbeitsgericht abgewiesen.
Zukünftig wird es der Arbeitgeber daher in Fällen einer plötzlichen Arbeitsunfähigkeit nach erklärter Kündigung, die zugleich auch die gesamte Kündigungsfrist abdeckt, einfacher haben, die Arbeitsunfähigkeit anzuzweifeln und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu verweigern.
Autor: Dr. Markus Pander