13..01.2021
BREXIT: Welche Folgen hat er für Marken-und Designrechte
BREXIT und die Auswirkungen auf Marken- und Designrechte?
Großbritannien hat sich entschieden, aus der Europäischen Union auszuscheiden. Die entsprechenden Austrittsauskommen sind bereits im Frühjahr 2020 ratifiziert worden und sahen zunächst Übergangsregelungen bis zum 31. Dezember 2020 vor, mit denen eine vorübergehende Weitergeltung des EU-Rechts in Großbritannien bis zu diesem Termin sichergestellt wurde.
Bis zum letzten Moment blieb es spannend, ob zwischen Großbritannien und der Europäischen Union noch ein einvernehmliches Austrittsabkommen verhandelt und abgeschlossen werden kann („Deal“), oder ob stattdessen ganz oder in Teilen internationale Handels- und Zollabkommen zur Anwendung kommen, ohne dass es eine Sonderregelung für das Rechtsverhältnis zwischen Großbritannien und der Europäischen Union gibt („No Deal“). Erst am 24. Dezember 2020 wurde dann fast auf die letzte Minute noch eine Einigung erzielt und ein Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien unterzeichnet.
Im Hinblick auf das innerhalb der EU über die vergangenen 25 Jahre vollständig harmonisierte Marken- und Designrecht ist jedoch bereits im Vorfeld Einigkeit darüber erzielt worden, wie mit bis den zum Stichtag 31. Dezember 2020 eingetragenen oder angemeldeten Markenrechten (Unionsmarke) und Designrechten (Gemeinschaftsgeschmacksmuster) sowie mit den daraus resultierenden laufenden Verfahren umgegangen werden soll. Daran ändert auch der nun abgeschlossene EU-Brexit-Deal nichts.
Das britische Amt für geistiges Eigentum (UKIPO) hat die getroffenen Absprachen auf der Homepage des UKIPO veröffentlicht. Die wesentlichen Eckpunkte dürfen wir für Sie wie folgt zusammenfassen:
Unionsmarken
Unionsmarken (EU-Marken) sind für das Gebiet sämtlicher EU-Mitgliedsstaaten geschützt. Mit dem Austritt Großbritanniens zum 31. Dezember 2020 verliert die EU-Marke ihre Schutzwirkung in Großbritannien. Die Anmeldung neuer Unionsmarken nach dem 1. Januar 2021 ist dann territorial begrenzt auf die verbliebenden 27 EU-Mitgliedsstaaten.
Eingetragene Unionsmarken
Für die vor dem 31. Dezember 2020 bereits beim EUIPO eingetragenen Unionsmarken sehen die Übergangsregelungen vor, dass in Großbritannien durch das UKIPO automatisch eine nationale britische Marke erzeugt wird („Comparable UK Trademark“), die ins britische Markenregister eingetragen wird und über denselben rechtlichen Status verfügt, als wäre zugleich mit der Unionsmarke eine deckungsgleiche nationale britische Marke angemeldet worden. Das Anmeldedatum (und damit die Schutzpriorität) der EU-Markeneintragung bleibt beibehalten und gilt unverändert auch für die neu erzeugte nationale britische Marke. Auch das ursprüngliche Aktenzeichen der Unionsmarke wird der Übersichtlichkeit halber beibehalten. Es wird lediglich die Zeichenkombination „UK009“ vorangestellt. Für diese automatisch erzeugte Eintragung der nationalen britischen Marke fallen keine Kosten an. Soweit ein Markeninhaber kein Interesse an der Aufrechterhaltung des Markenschutzes in Großbritannien hat, kann ab dem 1. Januar 2020 ein „Opt-Out-Antrag“ gestellt werden. Dies kann gegebenenfalls sinnvoll sein, wenn der Markeninhaber den Markenschutz in Großbritannien nicht (mehr) für erforderlich hält, und auf diesem Wege potenzielle markenrechtliche Auseinandersetzungen oder Kosten für spätere Verlängerungen der nationalen britischen Marke vermieden werden sollen. Diese automatisch erzeugte nationale britische Marke wird fortan unabhängig von der ihr zugrundeliegenden Unionsmarke als eigenständiges Schutzrecht behandelt, für das künftig die Regelungen und Gebühren nach britischem Recht gelten.
Angemeldete Unionsmarken
Bei Unionsmarken, die vor dem Stichtag 31. Dezember 2020 zwar schon beim EUIPO angemeldet, jedoch noch nicht eingetragen worden sind (weil die Anmeldung noch nicht geprüft wurde bzw. die Widerspruchsfrist von drei Monaten seit Veröffentlichung der Anmeldung noch nicht abgelaufen ist), erfolgt dagegen keine solche automatische Umwandlung in eine nationale britische Markenanmeldung. Sofern der Inhaber einer solchen Unionsmarkenanmeldung auch weiterhin am Schutz seiner angemeldeten Marke in Großbritannien interessiert ist, kann er binnen einer Frist von neun Monaten (also bis zum 30. September 2021) einen entsprechenden Antrag beim UKIPO stellen. In diesem Falle wird auf diesen Antrag hin eine nationale britische Markenanmeldung erzeugt, für die sowohl das Anmeldedatum als auch die angemeldeten Waren und Dienstleistungen der zugrundeliegenden Unionsmarken-Anmeldung beibehalten werden. Der Markenanmelder wird also so behandelt, als hätte er seinerzeit parallel am selben Tage in eine Unionsmarke und eine nationale britische Marke angemeldet. In diesem Verfahren muss der Markenanmelder jedoch – im Gegensatz zur bereits eingetragenen Unionsmarke – selbst und innerhalb der neun-Monats-Frist aktiv werden, und für den Antrag auf Erzeugung einer parallelen britischen Markenanmeldung fallen auch Amtsgebühren an (GBP 170,00 für den Antrag inklusive einer Waren- oder Dienstleistungsklasse und jeweils GBP 50,00 für jede weitere Waren- oder Dienstleistungsklasse).
Eingetragene Designs (Gemeinschaftsgeschmacksmuster)
Für das angemeldete oder eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster (EU-Design) gelten im Prinzip vergleichbare Regelungen wie bei der Unionsmarke. Bei den bis 2020 bereits eingetragenen Designs werden automatisch nationale britische Designeintragungen („Comparable UK Design“) erzeugt mit der Möglichkeit des Opt-Out. Bei den erst angemeldeten, aber noch nicht eingetragenen Designs ist hierfür ein kostenpflichtiger Antrag innerhalb der Frist zum 30. September 2021 erforderlich.
Vertretung vor dem UKIPO
Der Inhaber einer aus der EU-Marke hervorgegangenen nationalen britischen Marke (bzw. eines eingetragenen Designs) muss grundsätzlich über eine Korrespondenzadresse in Großbritannien verfügen oder anderenfalls einen nationalen Vertreter mit Sitz in Großbritannien benennen. Das Austrittsabkommen sieht jedoch für die bereits eingetragenen Unionsmarken und Designs eine Übergangsfrist von drei Jahren bis zum 31. Dezember 2023 vor. Innerhalb dieser Übergangsfrist werden für die automatisch erzeugte britische Marke bzw. das Design („Comparable UK Trademark/Design“) Inhaber und Vertreter mit einer ausländischen Korrespondenzadresse (i.d.R. die bisherigen Vertreter mit Sitz in der EU) weiterhin akzeptiert, bevor dann ab dem 1. Januar 2024 eine Umschreibung auf einen inländischen Inhaber oder Vertreter erforderlich wird. Diese Übergangsregelung gilt jedoch nicht für die zum Stichtag zwar angemeldeten, jedoch noch nicht eingetragenen Unionsmarken und Designs, für die nur auf Antrag und gegen Gebühr eine nationale britische Anmeldung und spätere Eintragung erzeugt wird. Hier sind schon bei der Antragstellung Inhaber oder Vertreter mit einer britischen Korrespondenzadresse zu benennen. ZENK unterstützt Sie gerne bei der Betreuung und Verwaltung Ihrer EU-Marken und –Designs, insbesondere auch im Hinblick auf die durch den BREXIT bedingten Änderungen des Marken- und Designschutzes in Großbritannien. Dabei beraten wir Sie auch zu den Auswirkungen auf laufende Widerspruchs-, Löschungs- und Klageverfahren.
Autor: Dr. Christian Freudenberg