04.02.2021
Say Cheese! – EuGH zum Schutz der Form von Lebensmitteln als geschützte Ursprungsbezeichnung
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich erneut mit Rechtsfragen zu Käseprodukten auseinanderzusetzen. Nachdem 2017 bereits entschieden wurde, dass „Pflanzenkäse“ nicht als Käse bezeichnet werden darf (Aktenzeichen. C-422/16 – „Tofutown“) und Ende 2018 ein urheberrechtlicher Schutz für Käsegeschmack vom EuGH abgelehnt wurde (Aktenzeichen: C-310/17 – „Levola“), wird der Reigen der Käse-Urteile nunmehr ergänzt durch die Entscheidung des EuGH vom 17. Dezember 2020 (Aktenzeichen: C-490/19), mit der klargestellt wurde, dass der Schutz geographischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (Verordnung (EG) Nr. 510/2006 und Verordnung (EU) Nr. 1151/2012) nicht nur den Produktnamen umfasst, sondern unter Umständen auch die besondere Form von Lebensmitteln mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung.
Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob die wiedergegebene Form des Lebensmittels den Verbraucher in Bezug auf den tatsächlichen Ursprung des Erzeugnisses in die Irre zu führen vermag.
Seit dem Jahr 2000 verfügt der in der Region des französischem Jura-Massifs hergestellte „Morbier“-Käse über eine geschützte Ursprungsbezeichnung („g.U.“). Produkte, die dieses Siegel tragen, müssen in einem festgelegten Gebiet nach bestimmten Kriterien erzeugt, verarbeitet und hergestellt werden. Sämtliche Produktionsschritte müssen in der betreffenden Region erfolgen. Charakteristisches Gestaltungsmerkmal des „Morbier“-Käses ist ein schwarzer Streifen, der den (vertikal aufgeschnittenen) Käse horizontal in zwei Hälften teilt. Dieser durch eine Kohleschicht (heutzutage pflanzliche Kohle) erzeugte Streifen wird in der Beschreibung des Erzeugnisses im Rahmen der g.U.-Spezifikation ausdrücklich genannt.
Der Verband zur Verteidigung des „Morbier“-Käses verklagte mit Erfolg einen außerhalb des „Morbier“-Gebietes ansässigen Hersteller eines ähnlich gestalteten Käses wegen unlauteren Verhaltens und Ausnutzung des guten Rufs des „Morbier“-Käses.
Charakteristisches Gestaltungsmerkmal des im französischen Gebirge „Massif du Jura“ hergestellten „Morbier“-Käse ist ein schwarzer Streifen, der durch eine Kohleschicht (heutzutage pflanzliche Kohle) erzeugt wird. (Foto: gettyimages)
Der EuGH hat hier ausdrücklich klargestellt, dass sich der Schutzumfang der geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.) nicht nur auf den in der Spezifikation hinterlegten Namen beschränkt, sondern auch darüber hinaus weitere dort genannte charakteristische Elemente umfassen kann, hier konkret den horizontalen schwarzen Streifen in der Mitte des Käses.
Diese Klarstellung des weiten Schutzbereichs der g.U. dürfte die Hersteller von Lebensmitteln erfreuen, die über entsprechende Schutzrechte in Form einer geschützten Ursprungsbezeichnung verfügen. Potenzielle Nachahmer, die zwar die Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung vermeiden, aber auf andere Gestaltungsmerkmale aus der Spezifikation derartig geschützter Erzeugnisse zurückgreifen, müssen nunmehr damit rechnen, von den Inhabern der geschützten Ursprungsbezeichnung auch wegen einer Übernahme dieser Merkmale in Anspruch genommen zu werden. Das Urteil erweitert den Schutzumfang der geschützten Ursprungsbezeichnung und damit die Rechtsposition der Lebensmittelhersteller, die über ein solches eingetragenes Schutzrecht verfügen.
ZENK Rechtsanwälte berät Sie gerne zu sämtlichen rechtlichen Fragen bei der Gestaltung und Vermarktung von Lebensmittelprodukten.
Autor: Dr. Christian Freudenberg