18. November 2022
Photovoltaikanlagen haben es in sich – auch steuerrechtlich! Zur Abfärbung von Verlusten aus gewerblicher Tätigkeit.
Autorin: Janine Schöne
Der Bundesfinanzhof („BFH“) hat sich in einer am 27.10.2022 veröffentlichten Entscheidung vom 30.6.2022 (IV R 42/19) mit Verlusten aus einer gewerblichen Tätigkeit und zwar konkret dem Betrieb einer Photovoltaikanlage und deren Abfärbung auf die übrige Tätigkeit einer Personengesellschaft befasst.
Der BFH hat im Rahmen der vorgenannten Entscheidung seine Rechtsprechung geändert und vertritt nunmehr die Auffassung, dass auch Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit, sofern die Umsätze die Bagatellgrenze überschreiten, zu einer Umqualifizierung von Einkünften einer im Übrigen vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft führen.
Der Entscheidung lag der Fall zugrunde, dass die Klägerin, eine vermögensverwaltende GbR („GbR“), auf einem von ihr vermieteten Grundstück eine Photovoltaikanlage hatte errichten lassen, aus deren Betrieb sie einen Verlust erzielte.
In ihrer Feststellungserklärung gegenüber dem Finanzamt erklärte die GbR dann Einkünfte aus der Vermietung von Grundstücken sowie gewerbliche Verluste im Zusammenhang mit der Photovoltaikanlage.
Die Gesamtnettoumsätze der GbR beliefen sich im Streitjahr auf EUR 113.484,-; auf den Betrieb der Photovoltaikanlage entfielen dabei Nettoumsätze in Höhe von EUR 8.472,-.
Das Finanzamt ging demgegenüber davon aus, dass die Klägerin ausschließlich gewerbliche Einkünfte erzielt habe, denn sie habe mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, die auf die im Übrigen vermögensverwaltende Tätigkeit „abgefärbt“ habe.
Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab.
Der BFH bestätigte das Urteil des Finanzgerichtes unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung, da er in einem Urteil aus dem Jahr 2018 noch die Rechtsauffassung vertreten hatte, dass Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Tätigkeit einer GbR führen.
Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit dem rückwirkend auch für frühere Veranlagungszeiträume anwendbaren § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alternative 1 EStG i.d.F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (WElektroMobFördG) außer Kraft gesetzt.
Nach dieser Neuregelung tritt die umqualifizierende („abfärbende“) Wirkung einer originär gewerblichen Tätigkeit (hier: aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage) einer Personengesellschaft unabhängig davon ein, ob aus dieser Tätigkeit ein Gewinn oder Verlust erzielt wird.
Der BFH erachtet diese Neuregelung und deren rückwirkende Geltung als verfassungsgemäß, da dadurch lediglich eine schon vor dem BFH-Urteil aus dem Jahr 2018 gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung festgeschrieben worden sei.
Des Weiteren hat der BFH entschieden, dass die von der Rechtsprechung geschaffene und von der Finanzverwaltung akzeptierte sog. Bagatellgrenze auch bei Anwendung der Neuregelung zu beachten ist.
Danach führt eine originär gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft nicht zur Umqualifizierung ihrer im Übrigen freiberuflichen Tätigkeit, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoumsätze der Personengesellschaft (relative Grenze) und zugleich den Höchstbetrag von EUR 24.500,- im Veranlagungszeitraum (absolute Grenze) nicht übersteigen.
Dies gilt nach der Ansicht des BFH auch dann, wenn die Personengesellschaft – wie im vorliegenden Fall – neben ihrer originär gewerblichen eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausübt.
Im dem BFH-Urteil zugrundeliegenden Streitfall war die Bagatellgrenze demnach überschritten, weshalb es nach Ansicht des BFH auch zu einer abfärbenden Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 Alt. 1 EStG n.F. gekommen ist.
Die GbR hat aus der originär gewerblichen Tätigkeit Nettoumsätze von EUR 8.472,- erzielt. Diese Umsätze machten wiederum (nur) 7,46 % der Gesamtnettoumsätze (EUR 113.484,-) aus und blieben demnach zwar unterhalb der absoluten Umsatzgrenze von EUR 24.500, überschritten aber deutlich die relative Bagatellgrenze von 3 % der Gesamtnettoumsätze.
Fazit:
Da steuerliche Laien mit den Begriffen “gewerbliche Abfärbung” oder “gewerbliche Infizierung” in der Regel nichts anfangen können ist es vor dem Hintergrund der vorstehenden Entscheidung des BFH und der damit verbundenen steuerlichen Konsequenzen, umso wichtiger sich diesbezüglich steuerlich zu beraten zu lassen.
Demnach werden wohl doch einige Betreiber von Photovoltaikanlagen gewerbliche Einkünfte erzielen, ohne dies vielleicht zu wissen.
Zudem werden alle Immobilien einer solchen vermögensverwaltenden GbR oder KG in diesen Fällen steuerverstrickt.
In noch gestaltbaren Fällen könnte insoweit aber das sogenannte Ausgliederungsmodell in Erwägung gezogen werden.
Nach Auffassung des BFH soll eine (seitwärts) abfärbende Wirkung einer originär gewerblichen Tätigkeit und zwar auch unter Geltung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG n.F. nämlich dann nicht eintreten, wenn diese gewerbliche Tätigkeit in einer Schwesterpersonengesellschaft ausgeübt wird, die auch beteiligungsidentisch sein darf (sog. Ausgliederungsmodell; vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 19.02.1998, IV R 11/97).
So hat der BFH hat in seiner Entscheidung explizit auch darauf hingewiesen, dass dieses Modell grundsätzlich (weiterhin) anzuerkennen ist. Unabdingbare Voraussetzung für die Annahme einer solchen Schwesterpersonengesellschaft sei aus Sicht des BFH jedoch, dass diese nach außen erkennbar geworden ist und dass diese eine von der anderen Gesellschaft abgrenzbare Tätigkeit entfaltet hat.
Sofern die gewerbliche Infizierung nicht verhindert werden kann, sollte aber in jedem Fall untersucht werden, ob und inwieweit die gewerbesteuerlichen Folgen zumindest gemildert werden können, wozu insbesondere die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 17.6.2022 (G 1425, BStBl 2022 I S. 958) zu beachten sind.