Wärmepartnerschaften zwischen Kommunen und Rechenzentren

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17.06.2024

Neu denken: Wärmepartnerschaften zwischen Kommunen und Rechenzentren

Dr. Martin Düwel | ZENK Rechtsanwälte | Verwaltungsrecht

Autor: Dr. Martin Düwel

Neu denken: Wärmepartnerschaften zwischen Kommunen und Rechenzentren

Ausgangssituation

Deutschland hat in vielen Infrastrukturbereichen erheblichen Nachholbedarf. Da ist es erfreulich, dass im Bereich der Digitalisierung mit einer Vielzahl geplanter Rechenzentren bundesweit Fortschritte greifbar sind. Diese Einrichtungen sind in großem Maßstab erforderlich, um die wachsende Nachfrage nach digitalen Anwendungen und sicheren Speicherorten für Daten erfüllen zu können. Mit Schwerpunkt in den Großräumen Frankfurt/Main und Berlin-Brandenburg ist den kommenden Jahren eine Reihe von Großrechenzentren konkret in der Planung. Das geplante Investitionsvolumen in Deutschland in den nächsten fünf Jahren erreicht nach Verbandsangaben fast 30 Milliarden Euro und ist für Kapitalanleger zum Objekt der Begierde geworden.

Gesetzliche Pflicht zur Abwärmenutzung für Betreiber von Rechenzentren

Da der Strombedarf dieser Einrichtungen enorm ist, enthält das Energieeffizienzgesetz vom 13.11.2023 (EnEfG) für die Errichtung und den Betrieb von Rechenzentren im Interesse des Klimaschutzes strenge Vorgaben.

Ab dem Jahr 2027 besteht für die Betreiber die Pflicht, den Stromverbrauch jedenfalls bilanziell vollständig aus erneuerbaren Energien zu decken (§ 11 Abs. 5 EnEfG). Zudem ist die für den Betrieb erforderliche Energie zu einem gewissen Anteil wiederzuverwenden, wenn das Rechenzentrum nach dem 01.07.2026 in Betrieb geht. Hier will sich der Gesetzgeber den Umstand zu Nutze machen, dass – vereinfacht gesprochen – beim Betrieb eines Rechenzentrums dem hohen Bedarf an Strom im Input neben der Rechenleistung ein energetisch vergleichbar hoher Output in Form von Abwärme gegenübersteht.

Der vorgegebene Anteil wiederzuverwendender Energie von 10 Prozent steigt für die ab dem 01.07.2028 in Betrieb gehenden Rechenzentren auf 20 Prozent (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EnEfG), was im Gesetzgebungsverfahren als eine technisch kaum umsetzbare Verpflichtung kritisiert worden ist.

Trotzdem haben sich die Betreiber von Rechenzentren in den letzten Monaten keineswegs enttäuscht von Deutschland abgewendet und öffentlich den Ausstieg aus geplanten Projekten erklärt. Ein Grund dürfte sein, dass der Gesetzgeber anstelle der verpflichtenden Wiederverwendung auch eine alternative Lösung zugelassen hat, die sowohl für die Betreiber als auch die Kommune am Standort des Rechenzentrums von Vorteil sein kann.

Kommunale Wärmeplanungspflichten seit dem 01.01.2024

Im Interesse des Klimaschutzes hat der Bundesgesetzgeber auch die Städte und Gemeinden vor (neue) große Herausforderungen gestellt. Das 2023 verabschiedete Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (WPG) gilt seit dem 01.01.2024 und begründet nach Maßgabe landesgesetzlicher Umsetzungsvorgaben Pflichten für eine kommunale Wärmeplanung mit dem Ziel eines maßgeblichen Beitrages zur CO2-Neutralität ab dem Jahr 2045.

Es geht um nichts Geringeres als die Umstellung der Wärmeversorgung in Deutschland von derzeit noch überwiegend fossilen hin zu regenerativen Energieträgern einschließlich der Nutzung unvermeidbarer Abwärme.

Das WPG sieht für die Kommunen die Möglichkeit einer gemeinsamen Umsetzung eines Wärmeplans mit einem Produzenten von Wärme aus erneuerbaren Energien oder von unvermeidbarer Abwärme ausdrücklich vor, wenn die Wärme oder Abwärme in ein Wärmenetz innerhalb des beplanten Gebietes eingespeist wird oder hierzu geeignet ist (§ 20 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 7 Abs. 3 Nr. 1 WPG). Damit ist das WPG – anders könnte es aus tatsächlichen Gründen auch nicht sein – auf Partnerschaften ausgerichtet. Auf deren Erfolg wird letztlich die Wärmewende aufbauen oder im Misserfolgsfall scheitern.

Wärmepartnerschaften nach dem Energieeffizienzgesetz

Damit liegt eine Partnerschaft zwischen Kommunen und Betreibern von Rechenzentren auf der Hand. Sie wird auch in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EnEfG adressiert. Nach dieser Vorschrift werden nämlich Betreiber von Rechenzentren von der Verpflichtung zur Abwärmenutzung entbunden, wenn „eine zwischen einer in räumlicher Nähe befindlichen Gemeinde oder dem Betreiber eines Wärmenetzes und dem Betreiber des Rechenzentrums abgeschlossene Vereinbarung zur Abwärmenutzung vorliegt, wonach die Gemeinde oder der Betreiber des Wärmenetzes ihre konkrete Absicht zum Aufbau oder zur Gestattung eines oder mehrerer Wärmenetze erklärt, womit die Anforderungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 innerhalb von zehn Jahren erfüllt werden können.“ Die perspektivische Nutzung der Abwärme von Rechenzentren reicht unter diesen Voraussetzungen also aus und eine eigene Abwärmenutzung im Rechenzentrum ist dann nicht gefordert.

Die Vorschrift bestimmt als Pflichtinhalt einer Vereinbarung zwischen dem Betreiber eines Rechenzentrums und der Kommune bzw. dem Betreiber eines Wärmenetzes einen Investitionsplan, eine Regelung zur Tragung der Kosten der Anbindungsleitung sowie zum Preis der Abgabe der Abwärme. Sonst enthält das EnEfG keine Vorgaben für Inhalte solcher „Kooperationsverträge“ und auch die Gesetzesbegründung schweigt.

Rechtliche Grenzen vertraglicher Vereinbarungen zwischen Kommunen und Betreibern von Rechenzentren

Werden Betreiber von Rechenzentren damit zwangsverpflichtete Erfüllungsgehilfen der kommunalen Wärmewende? Die verneinende Antwort drängt sich auf, was wiederum bei der inhaltlichen Ausgestaltung solcher Vereinbarungen nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EnEfG EnEfG zu berücksichtigen ist. Die in räumlicher Nähe zu einem (geplanten) Rechenzentrum befindliche Gemeinde verfügt nämlich aufgrund ihrer Verfügungsbefugnis über das öffentliche Straßen- und Wegenetz über eine natürliche Monopolstellung. Sie unterliegt damit den Verbotstatbeständen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zum Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. In diesem Sinne missbräuchlich dürfte in jedem Fall die Forderung von kommunaler Seite sein, den Betreiber eines Rechenzentrums in einer von ihm gewünschten Vereinbarung nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EnEfG zur Übernahme wesentlicher Kosten der Errichtung oder des Betriebs eines kommunalen Wärmeversorgungsnetzes zu verpflichten.

Vereinbarungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EnEfG sind öffentlich-rechtliche Verträge und unterliegen daher neben den kartellrechtlichen Missbrauchsverboten den hierfür geltenden Beschränkungen, die bei der Ausgestaltung von Wärmepartnerschaften zwischen Kommunen und Betreibern von Rechenzentren unbedingt zu berücksichtigen sind. Auch der für den Inhalt öffentlich-rechtlicher Verträge geltende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit fordert in einer mittel- und langfristigen Perspektive für eine Wärmepartnerschaft mehr als nur die maximale Übernahme von Kosten auf Seiten des kommunalen Vertragspartners.

Das Gelingen der Wärmewende wird somit (auch) davon abhängen, die künftigen Wärmepartnerschaften zwischen den Kommunen und Rechenzentren rechtssicher und für beide Seiten interessengerecht auszugestalten. ZENK Rechtsanwälte hat bereits bei der Begründung einer solchen Wärmepartnerschaft beratend mitgewirkt. Wir bieten eine gebündelte Expertise in den Bereichen Kommunalrecht, Energiewirtschaft sowie Vertragsgestaltung. Bei Interesse steht Ihnen Herr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht Dr. Martin Düwel gern zur Verfügung.